Mit der Wahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin am vergangenen Mittwoch steht zu erwarten, dass CDU/CSU und SPD ihre Koalition bis 2021 fortsetzen werden. Der Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte kritisiert den Koalitionsvertrag aus ökonomischer Sicht: Anstatt der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich in Deutschland das Produktivitätswachstum in den letzten Jahren in wichtigen Schlüsselbranchen erheblich verlangsamt hat, enthält der Koalitionsvertrag eine Vielzahl vager Versprechungen mit ungewissen Folgen für die Wirtschaft und den Steuerzahler.

„Die Schuldenstandsquote auf unter 60 % des BIP zurückzuführen ist ein hehres Ziel“, so Malcolm Schauf, Präsident des bdvb. „Die finanziellen Auswirkungen vieler Änderungen z. B. im Bereich der Sozialpolitik sind aber im Koalitionsvertrag gar nicht berücksichtigt – und ökonomisch brisante Themen wie die Rente, die Energiewende und die Digitalisierung wurden nicht konkretisiert, sondern an Kommissionen oder Arbeitsgruppen delegiert. Gleichzeitig wird von einer weiterhin positiven Wirtschaftsentwicklung ausgegangen. Das ist ein Schönwetter-Koalitionsvertrag, der den Steuerzahler im Zweifelsfall teuer zu stehen kommen wird.“

„Für die dringend benötigten Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und Hochschulen sind im Rahmen der prioritären Ausgaben bis 2021 von insgesamt 45,95 Mrd. Euro nur 5,95 Mrd. Euro vorgesehen“, so bdvb-Präsident Schauf. „Für uns bleibt unverständlich, warum der geplante Breitbandausbau nicht transparent ausgewiesen, sondern durch einen Investitionsfonds aus den Versteigerungserlösen der 5G-Lizenzen finanziert werden soll.“

„Zu begrüßen ist das klare Bekenntnis der Großen Koalition zu offenen Märkten und einem freien und fairen Handel“, so der Präsident des größten deutschen Ökonomenverbands weiter. „Es sollte jedem klar sein, dass Wachstum und Beschäftigung nicht mit Protektionismus zusammengehen. Die neue Bundesregierung muss sich mit allen Mitteln und mit Entschlossenheit dafür einsetzen, dass Strafzölle und Handelshemmnisse tabu bleiben.“

Bereits am vergangenen Montag hatte Schauf in einem Interview des Deutschlandfunks kritisiert, im Vertrag der neuen Großen Koalition werde viel Geld verteilt, obwohl ein Masterplan fehle.

Der Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte hatte im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 erstmals Wahlprüfsteine formuliert, um die Regierungsbildung kritisch begleiten und sich in die Arbeit von Kommissionen/Arbeitsgruppen mit Stellungnahmen einbringen zu können.